Umsiedlung der Mittleren Wespe von einem Balkon - Zöblitz, 11.08.2020

 

Die nächste Umsiedlung im Erzgebirgskreis führte uns nach Zöblitz. Diesmal waren es aber keine Hornissen, die umziehen sollten, sondern Wespen – genauer ging es um die sehr schützenswerte Mittlere Wespe. Diese recht große, nützliche und nicht lästige Art zeigt vielerorts Rückgangstendenzen und ist oft schon seltener anzutreffen als die geschützte Hornisse. Folglich wollten wir auch dieses Nest unbedingt erhalten.


Das Nest selber entwickelte sich zunächst hinter einem Stahlträger versteckt auf einem Balkon - genauer auf der Unterseite des darüberliegenden Balkons. Als das Nest dann um den Stahlträger herum nach unten erweitert wurde, kam es zum Vorschein und wurde entdeckt. Die Umsiedlung führten wir schließlich am 11.08. durch.


11.08.2020 – Umsiedlung mit Hindernissen/Unwetter


Heute haben wir die Umsiedlung in Zöblitz durchgeführt. Dazu wurden zunächst die flugfähigen Tiere – ca. 80 Stück – mittels Saugmethode in eine Fangbox abgefangen. Nachfolgend wurde vorsichtig das Nest geborgen. Hier haben wir diesmal die Nesthülle vollständig erhalten können – was aber auch an der sehr stabilen Bauweise dieser Wespenart liegt. Die offene Seite, mit der das Nest an den Träger gebaut war, gab uns auch einen Einblick ins Nest. Dieses bestand zum Umsiedlungszeitpunkt – trotz seiner äußerlichen Größe - aus nur 2 Wabenetagen, wobei die oberste Etage voller Puppen war, die 2. Etage noch mit Eiern und kleinen Larven bestückt. Es scheint, als sei das Nest recht spät dran, da eigentlich die Geschlechtstiere – insbesondere die Jungköniginnen – ab Etage 2 in Großzellen herangezogen werden. Normalerweise müsste die Mittlere Wespe gerade vor dem Freisetzen von Geschlechtstieren stehen bzw. auch schon Geschlechtstiere im Nest haben. Hier haben wir aber neben den Arbeiterinnen und der im Nest vorgefundenen Königin nur einen einzelnen Drohn entdecken können. Entweder wird das Volk vor allem Drohnen aus der 1. Etage freisetzen (diese Etage besteht i.d.R. nur aus Kleinzellen; Drohnen können sich auch in diesen kleineren Arbeiterinnenzellen entwickeln, während die Jungköniginnen Großzellen brauchen) und ggf. ein paar wenige Jungköniginnen später über die 2. Etage (bestehend aus Großzellen), oder das Volk braucht einfach länger und der Höhepunkt ist – etwas ungewöhnlich für die Art – erst irgendwann im September erreicht mit einem weiteren Ausbau des Nestes und der Wabenetagen. Wir werden sehen. Doch nun erstmal zurück zur Umsiedlung.

 

Blick auf das Nest der Mittleren Wespe, welches an der Unterseite des darüberliegenden Balkons gebaut wurde...

 

Das Nest fiel im Schutze des Trägers zunächst nicht weiter auf...

 

Erst als die Tiere das Nest weiter nach unten erweitert hatten, wurde es leicht sichtbar...

 

Zunächst werden die flugfähigen Tiere mit der Saugmethode abgefangen...

 

…und landen in der Fangbox.


Das geborgene Nest wurde von uns mit der offenen Seite an die Wand des Umsiedlungkastens angebaut, sodass die Tiere quasi wieder einen vollständigen Schutz um ihr Nest herum hatten. Da die Mittlere Wespe ein Freinister ist, darf ihr Nest nicht in einem dunklen, geschlossenen Kasten eingebaut sein – die Art liebt das Licht. Folglich wurde unser Umsiedlungskasten etwas umgebaut bzw. die Klapptür entfernt. Damit war eine Seite offen und das Nest bekam auch genug Licht ab. Damit aber keine Vögel an das Nest herankommen und auch aus umsiedlungsstrategischer Sicht (die Tiere müssen ja auch wieder mit dem Nest vereint werden), haben wir den oberen Bereich mit Gaze überzogen. Unten an die gazefreie Öffnung sollte dann später die Fangbox angebaut werden. Über diese Öffnung sollten nachfolgend auch die Tiere das Nest anfliegen können.

 

Blick auf die beiden Wabenetagen im Nest - von den Waben her ist das Nest deutlich kleiner als man von außen erwarten würde...

 

Einbau des Nestes in den Nistkasten...

 

Das eingebaute Nest...

 

Die Gaze soll Licht zum Nest hindurchlassen, gleichzeitig aber das Nest auch vor Vögeln und der Witterung schützen...


Nachdem das Nest im Nistkasten eingebaut war und sich alle flugfähigen Tiere im Fangkasten befanden, traten wir den Heimweg an. Mittlerweile hatten sich rundherum erste Gewitter entwickelt. Richtung Freiberg kamen wir dann in ein Hagelunwetter – man kann also nicht sagen, dass wir unseren Gästen nichts bieten würden ;) Mit den Wespen und dem Nest im Auto saßen wir im Unwetter fest. Erst nach längerer Zeit konnten wir dann mit dem nachlassenden Gewitter zum Aussiedlungsstandort weiterfahren. Dort haben wir dann den Nistkasten an einer geeigneten Stelle angebracht und anschließend an der gazefreien Stelle den Fangkasten an den Nistkasten angebaut. Mittels Faden öffneten wir über die Gaze die Fangbox und die Wespen krabbelten wieder auf ihr Nest. Zunächst konnten sie aber den Nistkasten nicht verlassen, was aber für die Zusammenführung auch wichtig war. Nach kurzer Zeit dann öffneten wir einen Spalt zwischen der Gaze und der Fangbox und erste Tiere flogen sich neu ein.

 

Umsiedlung mit Hindernissen: mit den Wespen im Hagelunwetter - draußen ist alles weiß vom Hagel; erst als das Unwetter nachlässt, können wir weiter zum Aussiedlungsstandort fahren...

 

Der Nistkasten an seinem neuen Standort, am Nistkasten ist zunächst noch die Fangbox angebracht - durch die Lücke in der Gaze und die Klapptür der Fangbox werden Nest und Arbeiterinnen vereint - danach wird ein Spalt zwischen Fangbox und Kasten freigegeben, durch welchen sich die Tiere neu einfliegen...


Am späten Nachmittag dann haben wir die Fangbox komplett entfernt. Da in dieser für die Umsiedlung auch etwas Bienenfutterteig platziert war, fanden wir immer mal wieder einige der Arbeiterinnen vom Nest in der Fangbox. Daher platzierten wir die Fangbox noch bis zum nächsten Tag unter dem Nistkasten, damit die Tiere sich den Bienenfutterteig aus der Fangbox holen konnten. Direkt neben dem Nest im Kasten war aber auch Bienenfutterteig bereitgestellt worden, der ebenfalls von den Tieren rege angenommen wurde.

 

Am späten Nachmittag wurde dann die Fangbox noch komplett vom Kasten entfernt und die Umsiedlung war damit abgeschlossen; oben in der Ecke sitzen am Abend noch ein paar jüngere Tiere, die aber von den älteren Arbeiterinnen versorgt werden und später noch zum Nest runterkrabbeln...


12.08.2020 – Nachkontrolle


Heute haben wir die leere Fangbox entfernt und noch einen Blick auf das Nest geworfen. Am Nest war guter Flugverkehr vorhanden, die Tiere haben sich also gut am neuen Standort eingelebt. Viele Tiere fraßen auch am Bienenfutter im Nistkasten. Die Umsiedlung scheint also gut verlaufen zu sein. Nun bleibt es spannend, wie sich das Nest weiterentwickeln wird.

 

Betriebsamkeit am Nest am Folgetag...

 

Die Tiere haben sich gut in ihrem neuen Lebensraum eingeflogen - reger Flugverkehr ist zu beobachten und der am Nest-Eingang platzierte Bienenfutterteig wird rege angenommen...

 

28.08.2020 – Das Nest ist gut gewachsen...


Das umgesiedelte Nest der Mittleren Wespe hat sich sehr schön weiterentwickelt und ist nochmal deutlich gewachsen, was man auch schön an den eingebauten Holzstegen sieht. Mindestens 100 Arbeiterinnen bewohnen das Nest und erweitern rege die Nesthülle und die Waben. Auch viel Beute wird eingeflogen. Das Volk ist sehr friedlich (solange man das Nest nicht erschüttert) und es sind bei ruhigem Verhalten auch Beobachtungen direkt am Nest gut machbar. Wir sind gespannt, wie es hier weitergeht. Im Verlauf des Septembers sollten dann auch vermehrt Geschlechtstiere abfliegen.

 

Blick auf das schön entwickelte Nest der Mittleren Wespe...

 

Rege wird u.a. die Nesthülle erweitert...

 

08.09.2020 – Drohnen gelegentlich zu sehen, Nest wächst weiter...


Die Wespen erweitern weiterhin rege ihr Nest. Ab und an konnten wir in den letzten Tagen auch mal einen Drohn beobachten. Es werden also auch Geschlechtstiere (zumindest Drohnen) freigesetzt, wenngleich auch beim Umsiedlungszeitpunkt bereits ein Drohn im Nest anzutreffen war. Seither sind aber zunächst wohl mehrheitlich neue Arbeiterinnen geschlüpft. Ich vermute aber stark, dass in den nächsten Tagen verstärkt Geschlechtstiere das Nest verlassen werden.

 

Blick auf das schön gewachsene Nest der Mittleren Wespe, am Nest ist zudem rege Betriebsamkeit erkennbar...

 

23.09.2020 – Langsam wird es ruhiger...


Nach warmen Wochen wird es langsam ruhiger am Nest. Das Nest selber wurde von den Wespen nochmals erweitert und ist gut 30 cm lang und etwa 25 cm breit. Weitere Geschlechtstiere haben wir bisher nicht beobachten können, aber wir vermuten, dass diese vor allem vormittags in den letzten Wochen abgeflogen sind. Bei unseren Besuchen am Nest waren wir immer nur am Nachmittag dort. Genaueres zur Bilanz wird man aber erst nach dem Absterben des Volkes sagen können.

 

Blick auf das beachtliche Nest der Mittleren Wespe...

 

Trotz langsam abnehmender Aktivität am Nest wird immer noch am Nest gebaut...

 

03.10.2020 – Immer noch Aktivität am Nest...

 

Nach einigen kalten Tagen vor einer Woche ist das Wetter wieder deutlich freundlicher und wärmer geworden. Sollten sich noch Geschlechtstiere im Nest befunden haben bzw. befinden, so dürfte das sonnige Wetter derzeit und in den letzten Tagen für deren erfolgreichen Abflug gesorgt haben bzw. sorgen. Unterdessen sind nur noch wenige Flugbewegungen am Nest erkennbar. Ich vermute, dass alle oder weitgehend alle Geschlechtstiere das Nest verlassen haben. Unten am Nest hat sich während der kalten Tage ein Vogel am Nesteingang zu schaffen gemacht, aber die Wespen haben ihn erfolgreich vertreiben können, bevor dieser größeren Schaden anrichten konnte.

 

Blick auf den Nesteingang, der durch einen Vogel etwas "vergrößert" wurde...

 

20.10.2020 – Keine Aktivität mehr am Nest, Nest bilanziert...

 

Bei der heutigen Kontrolle am Nest war die bereits aufgebrochene Öffnung unten am Nest nochmals deutlich durch einen Vogel erweitert worden. Dieser hat wohl nach den starren und schwachen Arbeiterinnen jetzt zum Saisonende gesucht. Unter dem Nest lagen ein paar tote Arbeiterinnen, am Nest selber gab es keine Aktivität mehr. Daher habe ich das Nest heute geöffnet und bilanziert. Dabei fand ich noch 3 matte Arbeiterinnen, die ich vorsichtig an den blühenden Efeu setzte. Insgesamt wurden 3 Wabenetagen angelegt, wobei auf der obersten Etage bis an den Rand Brut zur Entwicklung kam. Auf Etage zwei sind nur im Zentrum der Wabe Tiere geschlüpft. Am Rand dieser Etage und auf der ganzen 3. Etage kam keine Brut mehr zur vollständigen Entwicklung. Insgesamt hat das Volk weit über 100 Drohnen sowie 25 Jungköniginnen freigesetzt und damit einen schönen Beitrag zum Arterhalt leisten können. Das Volk hat nach der Umsiedlung also noch erfolgreich abschließen können.

 

Blick auf die Waben im Nest...

 

Die entnommenen Wabenetagen - aus den weißen Zellen sind erfolgreich Tiere geschlüpft...

 

Dokumentation des Nestes beendet!

 

 

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