Umsiedlung von Hornissen in Olbernhau am 20.07.2020

 

Die erste Hornissen-Umsiedlung im Jahr 2020 im Erzgebirgskreis führte uns nach Olbernhau, einer Stadt in einem Tal nahe des Erzgebirgskammes. Dort hatten Hornissen im Gelände einer kinderbetreuenden Einrichtung ihr Nest errichtet. Interessant war diesmal der Neststandort unter einem Wasser-Spieltisch für Kinder. Die Umsiedlung wurde am 20.07. durchgeführt.


20.07.2020 - Tag der Umsiedlung


Der Fall gestaltete sich als recht einfach, da das Nest gut zugänglich war und sich unter dem Spieltisch befand. Die Hornissenarbeiterinnen (ca. 20) wurden mittels Kescher und Sauger in eine separate Fangbox abgefangen und anschließend das Nest bestehend aus 3 Wabenetagen geborgen. Die Königin drehte auch eine kurze Runde und war diesmal noch nicht besonders nesttreu. Glücklicherweise konnten wir auch sie mit dem Kescher schnell einfangen, sonst wäre es alles etwas langwieriger geworden. Das Nest wurde nachfolgend in den mitgebrachten Nistkasten eingeklebt und die Königin wurde wieder vorsichtig auf ihr Nest gesetzt. Etwas Bienenfutterteig wurde noch neben dem Nest platziert und dann ging es zum Aussiedlungsstandort.

 

Der Spieltisch, unter welchem sich das Hornissennest befindet...

 

Blick auf das Nest...

 

Zunächst werden die Arbeiterinnen abgefangen...

 

Anschließend wird vorsichtig das Nest geborgen...

 

Der Wabenbau bestehend aus 3 kleinen Etagen...

 

Das Nest wird in einen Nistkasten eingeklebt...

 

Eingeklebtes Nest im Nistkasten, links sind Bienenfutterteigportionen zu sehen...


Am Aussiedlungsstandort wurden wir erstmal von einem Gewitter überrascht. Nachdem es abgezogen war, brachten wir den Nistkasten an einer geeigneten Stelle an und führten die Hornissenarbeiterinnen in der Fangbox und das Nest im Nistkasten wieder zusammen. Nach einiger Zeit zur Beruhigung wurde das Flugloch des Nistkastens geöffnet und die Tiere flogen sich ein. Am Flugloch platzierten wir auch noch etwas Futterteig zur Stärkung. Nach einer Spazierrunde in der Gegend konnten wir dann gleich noch den leeren Fangkasten wieder mitnehmen und die Umsiedlung war abgeschlossen. Die Hornissen übten derweil den Anflug an ihren neuen Neststandort und brachten auch bald schon erste Beute mit zum Nest. Nun bleibt zu hoffen, dass sich das Volk möglichst erfolgreich weiterentwickelt.

 

Am Aussiedlungsstandort...

 

Nach Anbringung des Nistkastens und Zusammenführung der Arbeiterinnen und des Nestes dürfen sich die Tiere neu einfliegen...

 

Das Bienenfutter hilft den Tieren dabei, sich an den neuen Standort zu gewöhnen und sich hier schneller einzuleben...

 

11.08.2020 - Nachkontrolle


Heute haben wir – da wir ohnehin in der Gegend waren – mal wieder nach den Hornissen gesehen. Das Nest hat sich nach der Umsiedlung gut weiterentwickelt und mittlerweile wurden Großzellen für Geschlechtstiere angelegt. In diesen Zellen befinden sich auch bereits größere Larven. Auch die Königin ließ sich ab und an blicken. Hier scheint also alles ganz gut zu verlaufen.

 

Blick von unten auf das gewachsene Hornissennest im Nistkasten...

 

07.11.2020-09.11.2020 – Letzte Jungköniginnen im Nest mit interessantem Verhalten!


Heute haben wir nach langer Pause wieder nach dem Nest gesehen. Zu unserer Verwunderung befanden sich im Nest noch 20 Jungköniginnen, allerdings keine Arbeiterinnen oder Drohnen mehr. Auch Larven waren nicht mehr vorhanden. Das gut gewachsene Nest bestand aus insgesamt 10 Wabenetagen, die Hornissen waren hier also nach der Umsiedlung nochmal sehr fleißig. Da die Jungköniginnen ohne Hilfe kaum noch Chancen auf einen erfolgreichen Aufbau ihrer für die Überwinterung notwendigen Fettreserven hatten, da keine versorgenden Arbeiterinnen oder futterspendenden Larven mehr vorhanden waren, haben wir den Kasten samt Nest und Königinnen mit nach Hause genommen und die Jungköniginnen im Nest mit Bienenfutterteig versorgt.

 

Blick in den Nistkasten - am seit der Umsiedlung deutlich gewachsenen Nest befinden sich tatsächlich noch Jungköniginnen...

 

Das geöffnete Nest mit seinen 10 Wabenetagen - insgesamt 20 Jungköniginnen finden wir noch im und am Nest...

 

Das Nest samt Königinnen haben wir mit nach Hause genommen, um die Jungköniginnen aktiv zu füttern...

 

Am Folgetag habe ich den Nistkasten dann auf den sonnigen Balkon gestellt, damit die Jungköniginnen auch abfliegen können. Vereinzelt sind derzeit sogar noch Paarungen möglich, da man selten mal noch Drohnen am Efeu sieht. Beeindruckenderweise führten alle abfliegenden Jungköniginnen aber einen intensiven Orientierungsflug durch und kehrten auch kurz danach immer wieder zum Kasten zurück. Rückkehrverhalten von Jungköniginnen? Normalerweise fliegen die Tiere ab und kehren nicht mehr zurück. Was war hier anders? Versorgen sich die Jungköniginnen eventuell sogar untereinander? Zu den genauen Gründen kann man nur Mutmaßungen aufstellen, da mir ein solches Verhalten bisher auch aus der Literatur nicht bekannt war.

 

Am Folgetag öffnen wir die Fluglöcher - interessanterweise fliegen die Jungköniginnen nicht einfach ab, sondern zeigen ein ausgeprägtes Rückkehrverhalten...

 

Scheinbar versorgen die regelmäßig zurückkehrenden Jungköniginnen sogar die anderen Königinnen, zumindest sind Futterübergaben zwischen den Tieren zu beobachten...

 

Eine gegenseitige Versorgung der Geschlechtstiere untereinander habe ich nach dem Ableben der Arbeiterinnen aber schon beobachten können. Vor einigen Jahren haben bei einem Nest, bei welchem durch böswilligen Gifteinsatz alle Arbeiterinnen ausgefallen waren, die schlüpfenden Drohnen auch Arbeiten im Nest ausgeführt und aktiv die Jungköniginnen versorgt. Möglicherweise gibt es hier eine Art „Notfallmaßnahme“, welche vom normalen Verhalten der Tiere abweicht. Rückkehrverhalten von Jungköniginnen oder Drohnen konnte ich damals aber nicht beobachten, wenngleich damals die Nahrungsversorgung außerhalb des Nestes noch besser war als aktuell. Auch im Nest habe ich damals Bienenfutterteig angeboten und die Drohnen haben frisch verpuppte Zellen aktiv geöffnet sowie die danach getöteten Puppen an die Jungköniginnen verfüttert. Insgesamt war die Versorgung im Nest also ebenfalls besser, weshalb ev. auch keine Ausflüge unter den Gegebenheiten nötig waren. Die genauen Gründe sind aber nur schwer abschätzbar. Dennoch tippe ich auf eine Kombination von fehlenden Arbeiterinnen und Nahrungsmangel, was ev. zu Ausflügen mit Rückkehrverhalten von insbesondere Jungköniginnen führen kann. Zu Drohnen kann ich bzgl. eines Rückkehrverhaltens keine Aussagen machen.


Zunächst habe ich auch erst gedacht, dass die Hornissenköniginnen vielleicht gar nicht gezielt sozial agieren, sondern wegen des angebotenen Futters in den Kasten zurückkehren. Interessanterweise konnte ich aber auch aktive Futterübergaben zwischen den Tieren beobachten. Auch abends kehrten die ausfliegenden Königinnen wieder ins Nest zurück und verbrachten die Nacht im Kasten. Gerade in kühlen Nächten haben sich die Tiere dabei eng zusammengeschmiegt in Gruppen innerhalb des Nestes zusammengefunden. Das aktuelle Verhalten zeigt also deutliche soziale Züge zwischen den Königinnen.

 

Die kühlen Nächte verbringen die Jungköniginnen dicht aneinandergeschmiegt in Gruppen im Nest...


Wie es nun weitergeht, wird sich zeigen. Interessant wird sein, ob die Tiere auch im Nest überwintern wollen bzw. in Gruppen zu überwintern versuchen. Fraglich ist natürlich, ob die Tiere noch erfolgreich einen Paarungspartner finden - eine kleine Chance haben sie zumindest. Ich versuche zumindest durch Zufütterung die Tiere noch aktiv zu unterstützen, damit sie vielleicht noch ihre Überwinterungsreserven aufbauen können. Interessant wäre auch, ob Königinnen, die ein solches Verhalten zeigen und erfolgreich überwintern würden, im Folgejahr auch ein Rückkehrverhalten zum Nistkasten zeigen und – ähnlich wie bei Hummeln – dann im Geburtskasten neu gründen. Dies wurde bei Hornissen und Wespen bisher immer ausgeschlossen, da die Jungköniginnen normalerweise das Geburtsnest ohne Orientierungsflug verlassen.

 

11.11.2020 – Jungköniginnen umquartiert und Nest bilanziert!

 

Zur gezielten und besseren Versorgung der letzten Jungköniginnen sowie zum schnelleren Aufbau ihrer Fettreserven war es notwendig, die Tiere in den derzeit kalten Nächten ins Warme stellen zu können. Damit das besser geht, habe ich heute die verbliebenen Tiere zusammen mit einigen Waben in einen kleineren Kasten umgesetzt. Diese Maßnahme nutzte ich auch gleich, um das Nest auszuzählen und zu bilanzieren.


Insgesamt wurden 630 Kleinzellen auf den Etagen 1-3 sowie 1626 Großzellen auf den Etagen 3-10 angelegt. Von den Großzellen, in denen Jungköniginnen und viele Drohnen heranwachsen, waren 938 Zellen verdeckelt. Hieraus sind also im Laufe der Zeit erfolgreich Geschlechtstiere hervorgegangen. Abzüglich einiger im späteren Verlauf eventuell entfernter junger Puppen gehe ich von deutlich >800 Geschlechtstieren aus, welche erfolgreich aus den Großzellen hervorgegangen sind. Hinzu kommen noch einige Drohnen, die im Herbst auch in Kleinzellen herangezogen wurden. Ein paar Ausfälle bei den Geschlechtstieren sind gegen Ende der Saison aber auch wahrscheinlich. Auch bei den letzten 20 Jungköniginnen, die wir im Nest noch gefunden haben, ist nicht klar, ob die Tiere noch eine Verpaarung schaffen und erfolgreich ihre Winterreserven aufbauen können. Geschätzt kann man aber von weit über 300 Jungköniginnen ausgehen, die es schon erfolgreich in die Winterquartiere geschafft haben. Dazu kommen noch einige hundert Drohnen, welche das Volk im Herbst erfolgreich freisetzen konnte. Eine tolle Bilanz! Das Nest hat sich nach der Umsiedlung also sehr schön weiterentwickelt.  

 

Am Abend war dann bei unseren noch verbliebenen Jungköniginnen wieder das typische Gruppenverhalten zu beobachten, wobei sich die Tiere eng aneinanderschmiegen. Diesmal habe ich - nach dieser Beobachtung - den kleinen Kasten aber über Nacht ins Warme gestellt, damit die Tiere auch nachts agiler bleiben und effizienter fressen können.

 

Die abendliche Grüppchenbildung der Jungköniginnen...

 

12.11.2020 – Weitere Beobachtungen...

 

Nachdem der Kasten mit den Tieren die Nacht in der warmen Wohnung verbracht hatte, habe ich ihn heute morgen wieder bei sonnigem Wetter auf den Balkon gestellt. Erneut gab es heute wieder Ausflüge und regelmäßig kehrten Königinnen zum Kasten zurück. Dabei hatten sie bei der Rückkehr auch Wasser- oder Nahrungstropfen zwischen den Mandibeln. Bis zum Abend sind heute aber auch vermehrt Tiere endgültig abgeflogen. So fanden sich am Abend nur noch 8 Königinnen im Kasten, welche sich wieder in Gruppen zusammenfanden. Erneut habe ich den Kasten für die Nacht wieder ins Warme gestellt und die Tiere zuvor noch gefüttert. Über die kommenden Tage werde ich dieses Prozedere beibehalten, bis alle Tiere abgeflogen sind.

 

16.11.2020 – Die letzte Jungkönigin fliegt ab...

 

In den letzten Tagen sind nach regen Ausflügen am Tag immer weniger Königinnen abends zurückgekommen. Seit gestern Abend blieb noch eine Königin übrig, die heute abfliegen wollte. Sie hatte erst ein paar Flugprobleme und übte auf meiner Hand. Ich setzte sie anschließend an etwas Zuckerlösung und kurze Zeit später war sie weg. Damit sind nun alle Tiere abgeflogen und haben hoffentlich noch einen Paarungspartner und ein Winterquartier gefunden bzw. werden beides noch kurzfristig finden. Ein paar flugfreundliche Tage folgen nun noch, bevor es dann deutlich kühler wird.

 

Die letzte Königin kurz vor ihrem Abflug - damit endet diese spannende Dokumentation...

 

Dokumentation beendet!

 

 

© www.insektenstaaten.de / Dr. Michel Oelschlägel         Hier: Das insektenstaaten.de-Team stellt sich vor       Hier: Kontakt, Impressum und Datenschutz

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