16.06.2019, Freiberg - Umsiedlung eines Nestes der Sächsischen Wespe

 

Aufgrund von Umbauarbeiten an einem Gartenhaus musste ein Nest der Sächsischen Wespe umgesetzt werden. Ideal war der Standort aufgrund der Sonnenexponiertheit ohnehin nicht, wodurch die Tiere schon durch das sommerliche Wetter der vergangenen Tage sehr gestresst waren.


16.06.2019 – Tag der Umsiedlung


Die Umsiedlung selber führten wir am Nachmittag des 16. Juni durch, wobei wir das Nest vorsichtig aus dem Dachhohlraum entfernten und in einen Vogelkasten einbauten. Den Großteil der Nesthülle (diese war an einer Stelle auch bereits beschädigt, ev. durch eine Maus) mussten wir dazu entfernen. Auf den freigelegten beiden Waben konnten wir junge Arbeiterinnen entdecken, aber seltsamerweise keine Königin. Wir schauten nochmal sehr genau am alten Nistplatz und in der entfernten Hülle nach, aber keine Spur der Königin. Das ist sonderbar, denn die Altkönigin verlässt zu dieser Zeit das Nest nicht mehr und bleibt, wie auch die jungen Arbeiterinnen, auf den Waben sitzen. In der Mitte der 1. (obersten) Wabe saßen mehrere Arbeiterinnen dicht an dicht. Hier ist nicht ganz ausgeschlossen, dass sich dort vielleicht doch die Königin versteckt hat. Gleiches gilt für den Bereich über der 1. Wabe, wo das Nest mit dem Dach verbunden war. Hier war durch noch vorhandene Nesthülle auch ein Teil des Nestes schlecht einsehbar. Es besteht also noch eine kleine Resthoffung, dass sich hier die Königin versteckt haben könnte. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eben auch hoch, dass die alte Königin hier bereits das Nest schon recht frühzeitig verlassen hat bzw. verstorben ist. Wie dem auch sei: Es gibt im Nest noch reichlich Brut, wodurch im ungünstigsten Fall immerhin noch zahlreiche Drohnen zur Arterhaltung beitragen können. 

 

Im Dachbereich wurde zunächst eine Holzlatte abgeschraubt, dahinter verbirgt sich das Wespennest...

 

Blick auf das kleine Nest der Sächsischen Wespe, vorne ist die Nesthülle etwas beschädigt, ev. durch einen Mausbesuch?

 

Am bisherigen Standort hatten die Tiere erheblichen Hitzestress, da die Sonne den Hohlraum deutlich hochheizen konnte. Hier entnehmen wir vorsichtig das Nest...

 

Die beiden Wabenetagen (Nesthülle wurde entfernt) werden vorsichtig in einen Vogelkasten eingebaut und mit Heißkleber fixiert. In den Waben sieht man Brut in jedem Entwicklungsstadium...

 

Eingeklebte Holzstege geben dem Nest noch mehr Stabilität. Auf dem Nest sitzen im Übrigen vor allem junge Wespen, die noch nicht abfliegen...


Die umherfliegenden Wespen kescherten wir ein und setzten sie dem Vogelkasten zu, was sehr gut funktionierte, da die Tiere schnell in den Kasten hineinkrabbelten. Nach 1,5 h war die Umsiedlung abgeschlossen und der alte Standort wurde nochmal auf Nachzügler kontrolliert. Danach ging es zum neuen Standort, wo die Tiere nach kurzer Beruhigungspause freigelassen wurden. Zur Beruhigung gab es auch noch etwas Bienenfutterteig. Die Tiere flogen sich nachfolgend gut ein und die Umsiedlung war erst einmal abgeschlossen.

 

Die mit dem Kescher eingefangenen Wespen werden nun noch zugesetzt, sodass letztlich alle Tiere wieder auf ihrem Nest sind...

 

Am neuen Standort wird nach kurzer Beruhigungspause das Flugloch freigegeben und die Tiere fliegen sich neu ein. Etwas Bienenfutterteig gibt es am Flugloch sowie im Kasten in direkter Nestnähe noch als Starthilfe...


18.06.2019 – Nachkontrolle


Am heutigen Tag war guter Flugverkehr am Vogelkasten zu entdecken. Die Umsiedlung scheint also erfolgreich verlaufen zu sein und die Tiere haben sich am neuen Standort eingeflogen. Sogar Teile der Nesthülle sind bereits wieder ersetzt worden, wie ein kurzer Blick durch das Flugloch verraten hat.

 

Betriebsamkeit am Flugloch, das Bienenfutter am Eingang wird in den nächsten Tagen noch komplett gefressen werden...

 

25.06.2019 – Genauere Nachkontrolle

 

Heute habe ich, um nochmal genauer nach dem Rechten zu sehen, die Front des Vogelkastens vorsichtig abgeschraubt. Die Tiere waren dabei sehr ruhig und keine Wespe flog einen Angriff. Und das, obwohl die Tiere durch das warme Wetter durchaus einiges an Stress hatten, da sie sehr mit der Nestkühlung beschäftigt waren. Die Nesthülle ist mittlerweile vollständig ersetzt worden und das Nest auch weiter gewachsen. Nach einer kurzen Begutachtung des Nestes habe ich den Kasten wieder geschlossen. Auch die Zahl der Arbeiterinnen hat in den letzten Tagen zugenommen und es herrscht reger Flugverkehr. Die Umsiedlung war damit ein Erfolg, zumal es am alten Standort bei den aktuellen Temperaturen von deutlich über 30°C mittlerweile sehr kritisch für das Nest geworden wäre. Nun bleibt abzuwarten, wie sich das Volk weiterentwickelt. Gibt es ab Anfang/Mitte Juli nur Drohnen oder doch auch Jungköniginnen? Wir werden sehen...

 

Blick auf das gewachsene Wespennest, die Nesthülle wurde vollständig ersetzt und auch die Volkstärke hat zugelegt...

 

08.07.2019 – Entwicklungshöhepunkt bei der Sächsischen Wespe

 

Das Wespenvolk hat nun seinen Höhepunkt erreicht oder steht kurz davor. Mehr als 150 Arbeiterinnen bewohnen das Nest und auch die Nestgröße hat im Vergleich zur letzten Kontrolle nochmal ordentlich zugelegt. Zur besseren Begutachtung des Nestes habe ich wieder vorsichtig die Front des Vogelkastens abgeschraubt, was wieder ohne Probleme und ohne Gegenwehr der Wespen gelang. Die Sächsische Wespe ist in der Regel wirklich sehr friedlich, und selbst solche Aktionen in direkter Nähe des Nestes werden – wenn man vorsichtig und langsam agiert und den Wabenbau nicht nennenswert erschüttert - toleriert. Nun sollten bald vermehrt Geschlechtstiere im bzw. am Nest erscheinen und abfliegen. Die Sächsische Wespe hat nur einen kurzen Entwicklungszyklus und oft bauen die Nester Ende Juli schon wieder ab.

 

Das Nest ist nochmal deutlich erweitert worden, bald sollten vermehrt Geschlechtstiere erscheinen...

 

25.07.2019 – Entwicklungshöhepunkt bei der Sächsischen Wespe überschritten...

 

Mittlerweile nimmt der Flugverkehr bei der Sächsischen Wespe langsam wieder ab. Das ist auch nicht verwunderlich, da die Völker dieser Art nun ihren Höhepunkt überschritten haben und die Nester oft bereits Mitte/Ende August schon wieder abgestorben sind. Geschlechtstiere fliegen vor allem in den Vormittagsstunden ab. Scheinbar sind doch auch ein paar Jungköniginnen bereits aus dem Nest hervorgegangen. Die genaue Bilanzierung ist aber erst nach dem Absterben der Kolonie und nach der Begutachtung der Waben möglich.

 

Das Nest ist noch geringfügig gewachsen...

 

Das Hauptaugenmerk der Wespen liegt nun auf der Freisetzung von Geschlechtstieren - hier ein Drohn (Männchen) mit seinen typischen, langen Fühlern am Nesteingang...

 

22.08.2019 – Nest abgestorben - Bilanz

 

In den letzten Wochen nahm der Flugverkehr am Kasten immer weiter ab. Seit einigen Tagen war gar keine Wespe mehr zu sehen, weshalb ich heute das Nest geöffnet habe. Auch im Nest war keine Wespe mehr zu finden, dafür aber einige Wachsmottenlarven. Allerdings dürften diese keinen Schaden mehr angerichtet haben, da alle Zellen "offen" waren, also alle Tiere schlüpfen konnten. Insgesamt 5 Etagen wurden errichtet, wobei ab der 2. Etage nur Großzellen für Geschlechtstiere gebaut wurden. Nur auf der 5. Etage kamen keine Tiere mehr zur Entwicklung. Insgesamt deutlich mehr als 350 Drohnen sind aus dem Nest hervorgegangen. Im Zentrum der 2. Wabenetage fanden sich auch 9 große, offene Jungköniginnenkokons. Insgesamt gesehen hatte das Volk also bereits einige Tage vor der Umsiedlung keine Königin mehr, weshalb so viele Drohnen durch eierlegende Arbeiterinnen herangezogen wurden. Dennoch kamen aus einigen Eiern, die einige Zeit vor der Umsiedlung gelegt wurden (da lebte die Königin noch), auch ein paar wenige Jungköniginnen zur Entwicklung. Wie dem auch sei, das Volk hat viele Geschlechtstiere hervorbringen können und damit einen guten Beitrag für den Arterhalt geleistet. Die Umsiedlung hat sich also gelohnt. Nun endet die Saison der Sächsischen Wespe und damit auch diese kleine Dokumentation.

 

Blick auf das verlassene Wespennest...

 

Nach dem Entfernen der Nesthülle werden die Wabenetagen sichtbar...

 

Insgesamt 5 Wabenetagen, darunter 4 große und belegte Etagen, wurden errichtet...

 

Damit endet diese Dokumentation!

 

 

© www.insektenstaaten.de / Dr. Michel Oelschlägel         Hier: Das insektenstaaten.de-Team stellt sich vor       Hier: Kontakt, Impressum und Datenschutz

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