10.09.2018, Mildenau - Hornissen in Hausfassade in größerer Höhe
Die voraussichtlich letzte Umsiedlung des Jahres 2018 fand am 10. September statt und führte uns nach Mildenau bei Annaberg im Erzgebirge. Hier hatten sich Hornissen in der Dämmung eines Hauses angesiedelt, welches sich aber noch im Bau befand und noch im Herbst eine fertige Fassade bekommen sollte. Folglich mussten die Hornissen umziehen, da die Baumaßnahmen nicht weiter aufgeschoben werden konnten. Das Nest selber befand sich in etwa 8 m Höhe direkt unter dem Dach in der Fassade hinter der Abdeckfolie. Bei der Umsiedlung wurden wir von Steffen Emmrich von der Naturschutzbehörde des Erzgebirgskreises tatkräftig unterstützt.
10.09.2018 - Tag der Umsiedlung
Der eigentliche Neststandort konnte von außen ganz gut abschätzt werden, da auch außen an der unfertigen Fassade bereits Nesthülle in einem breiten Streifen angebaut wurde. Durch ein Gerüstbauunternehmen wurde noch am Morgen des Umsiedlungstages ein Gerüst an der Fassade platziert, welches uns einen Zugang zum Nest ermöglichte.
Der Neststandort in etwa 8 m Höhe direkt unter dem Dach...
Von außen ist der Neststandort gut erkennbar, da hier von den Hornissen ein Streifen Nesthülle angelegt wurde...
Rege Betriebsamkeit am Nesteingang...
Los ging es wie immer mit dem Einfangen der Tiere mittels umgebautem Staubsauger in eine Fangbox. Das dauerte seine Zeit, bis sich schließlich der Großteil der Tiere in der Fangbox befand. Die Volkstärke schätzten wir auf über 300 Arbeiterinnen. Anschließend wurde die Folie an der Fassade mittels Brechstange und Messer geöffnet und das Hornissennest wurde dahinter sichtbar. Es bestand aus 10 Wabenetagen, welche aufgrund der begrenzten Tiefe im Hohlraum eher in die Breite gebaut wurden.
Mittels umgebautem Staubsauger werden die Tiere abgefangen - zahlreiche Hornissen fliegen jetzt auch auf, einige mit Verteidigungsflügen...
Immer mehr Hornissen landen mit der Zeit in der Fangbox...
Die Fangbox füllt sich immer weiter...
Bald ist der Großteil der Hornissen eingefangen und es wird zusehends ruhiger...
Nun wird die Fassade geöffnet und hinter der Dämmung kommt das Nest zum Vorschein...
Insgesamt 10 Wabenetagen wurden hier übereinandergebaut...
Die unterste Etage wurde zunächst entfernt, da diese nur mit einem Stil an der darüberliegenden Etage festgemacht und folglich noch sehr instabil war. Danach wurde die 3.-7. Etage als ein Block vorsichtig aus der Fassade herausgeschnitten und in einem Korb platziert. Nachfolgend wurden noch die 2 obersten Etagen herausgeholt, auf welchen sich aber kaum noch Kokons befanden. Im Nest fanden sich zudem viele Jungköniginnen und Drohnen, welche sich darüber hinaus auch im Hohlraum in der Fassade versteckten. Diese galt es alle noch mitzunehmen. Dazu wurden die Tiere eingefangen und auf die entnommenen Waben gesetzt. Dort versteckten sich die Geschlechtstiere rasch zwischen den Wabenetagen. Nur einzelne, schon ältere Geschlechtstiere flogen auch ab, was aber nicht schlimm ist, da diese Tiere auch so bald zur Paarung abgeflogen wären. Mit Nest und Hornissen stiegen wir nun langsam vom Gerüst ab.
Nun werden die Wabenetagen herausgeschnitten...
Die Etagen 2 bis 7 wurden als ein Block entfernt - hier befindet sich der überwiegende Teil der Brut...
Die Waben werden vorsichtig in einer Box platziert und vom Gerüst getragen...
Die Wabenetagen mussten nun in den Nistkasten eingeklebt werden. Diese waren allerdings sehr breit, sodass man hier die Etagen durch Zuschneiden hätte anpassen müssen. Da aber - was durchaus beeindruckend war - die Wabenetagen nahezu lückenlos mit Larven oder Kokons belegt waren (das sieht man so eher seltener), wäre ein solches Zuschneiden der Waben nur mit einem erheblichen Brutverlust möglich gewesen. Darum haben wir uns entschieden, den Nistkasten zu drehen und das Nest in den um 90-Grad gedrehten Hornissenkasten einzubauen und so auszusiedeln. Dazu musste der größere Wabenbaum aus 7 Etagen, in welchem sich nahezu alle Larven und insbesondere viele hundert Kokons befanden (geschätzt mehr als 600 Kokons von Geschlechtstieren!), nur einmal in der Mitte in 4 und 3 Etagen geteilt werden. Die beiden Stücke wurden danach nebeneinander in den Kasten eingeklebt. Ein kleines Stück Wabe aus den verbliebenen zwei obersten Etagen, wo sich noch wenige Kokons befanden, wurde auch herausgeschnitten und mit im Kasten verklebt, damit auch diese Tiere noch schlüpfen können. So verpackt ging es dann mit Hornissen und Nest zum Aussiedlungsstandort im Raum Marienberg. Zuvor wurde aber nochmal der Hohlraum in der Fassade auf Hornissen kontrolliert. Dabei wurden letzte Tiere eingefangen. Danach wurde der Hohlraum noch provisorisch verschlossen.
Ein beeindruckender Anblick: die Wabenetagen sind nahezu lückenlos mit Brut (Kokons und Larven) belegt...
Zwischen den Wabenetagen verstecken sich zahlreiche Geschlechtstiere...
Damit man die Waben in ihrer Breite erhalten kann und keine Brut verliert, werden diese diesmal in den gedrehten Nistkasten eingebaut...
Die Waben werden nun noch mit Holzstäbchen fixiert und stabilisiert...
Danach wird der Kasten gedreht - alles hält! So wird der Kasten nun transportiert und auch am neuen Standort aufgehängt...
Zuletzt wird alles verpackt und der alte Nistplatz in der Fassade nochmal auf letzte Hornissen kontrolliert...
Am Aussiedlungsstandort wurde der Kasten quer an einem Schuppen aufgehängt und anschließend die Fangbox außen am Nistkasten angebracht. Der Nistkasten hatte damit eine Besonderheit im Vergleich zu den herkömmlichen Nistkästen und geht auf die Idee von Steffen Emmrich von der Naturschutzbehörde des Erzgebirgskreises zurück. Dabei kann die Fangbox statt des Platzierens im Nistkasten auch außerhalb des Kastens angebracht werden, wodurch auch große Nester umsiedelbar sind. Nach Anbringung des Nist- und des Fangkastens gab es noch etwas Bienenfutterteig und dann wurde der Nistkasten verschlossen. Nun wurde von außen die Fangbox mittels Draht geöffnet. Die Hornissen konnten so wieder auf ihr Nest krabbeln. Nach einigen Minuten zur Beruhigung wurden von Dagmar die Fluglöcher des Nistkastens freigegeben und die Hornissen flogen sich am neuen Standort ein. Damit war die Umsiedlung zunächst abgeschlossen.
Der Hornissenkasten wird in ungewohnter Weise an der Rückseite einer Scheune angebracht...
Danach wird der Fangkasten rechts am Hornissenkasten angebracht und abgedunkelt...
Nachdem eine Öffnung des Fangkastens, welche von diesem in den Nistkasten führt, von außen geöffnet wurde, konnten die Hornissen wieder auf ihr Nest krabbeln. Nach kurzer Beruhigungspause werden anschließend die Fluglöcher des Hornissenkastens freigegeben...
Nun können sich die Hornissen am neuen Standort neu einfliegen...
12.09.2018 - Entfernung der Fangbox und Nachkontrolle
Zwei Tage nach der eigentlichen Umsiedlung erfolgte die Nachkontrolle und Entfernung der Fangbox. Von Weitem war bereits guter Flugverkehr erkennbar. Nachfolgend wurde die Fangbox entfernt und man konnte nochmal seitlich auf die Waben schauen, wo zahlreiche Geschlechtstiere saßen. Weiterhin wurde auch vorne nochmal die Tür des Kastens geöffnet, um die Stabilität der Waben zu prüfen. Die Hornissen sahen dies natürlich als Störung an und flogen zahlreich zur Verteidigung ab. Da alles in Ordnung war, gab es noch etwas Bienenfutterteig und der Kasten wurde wieder geschlossen. An der Stelle des Fangkastens wurde nun der Ablauftrichter eingeschoben, wobei dieser durch die Lage des Nistkastens hier ohnehin nicht seiner Funktion gerecht werden konnte. Trotzdem war der Kasten auf diese Weise geschlossen und vor Witterung geschützt. Nach wenigen Minuten beruhigten sich die Tiere wieder, blieben aber noch einige Zeit lang wachsamer als sonst. Mit dieser Maßnahme war nun die Umsiedlung abgeschlossen und die Tiere können am neuen Standort noch zahlreiche Geschlechtstiere freisetzen. Nun bleibt zu hoffen, dass das Wetter noch etwas durchhält.
Nach 2 Tagen folgt die Nachkontrolle: Hier ein Blick in den Nistkasten von der Stelle aus, wo sich zuvor noch der Fangkasten befand...
Zahlreiche Geschlechtstiere befinden sich auf den Waben...
Auch die Front des Kastens wird zur Kontrolle nochmals geöffnet - zahlreiche Hornissen fliegen zur Verteidigung ab...
Oben ist bereits der Neuanfang einer neuen Nesthülle erkennbar...
Da alles in Ordnung ist, wird der Kasten geschlossen und die Tiere können sich wieder beruhigen - die Umsiedlung ist damit abgeschlossen!
26.09.2018 - Nachkontrolle und viele Geschlechtstiere
Bis in die letzte Septemberdekade blieb das Wetter oft sommerlich mit Temperaturen von teils über 25°C. Erst ab dem 21., insbesondere aber nach dem 23. des Monats, setzte sich zeitweise der Herbst durch. Dabei fielen die Temperaturen auf etwa 10°C und nachts gab es teilweise Bodenfrost. Ab dem 26. wurde es jedoch wieder wärmer und flugfreundliches Wetter erlaubte weitere Abflüge von Geschlechtstieren bei den Hornissen.
Bei dem umgesiedelten Nest aus Mildenau war bei der heutigen Kontrolle rege Betriebsamkeit am Kasten erkennbar. Diese kam aber vor allem durch fremde Drohnen zustande, welche aufgeregt den Kasten umflogen und teilweise sogar in den Kasten hineinwollten. Da die Arbeiterinnenanzahl mittlerweile auch jahreszeitbedingt abnimmt, gelingt dieses Vorhaben sogar manchmal. Dabei versuchen die Drohnen, Königinnen aus diesem Nest zur Paarung abzufangen. Beim Öffnen des Kasten konnte ich zahlreiche Jungköniginnen und Drohnen im Nest entdecken - kein Wunder also, dass dieses Nest für fremde Drohnen so interessant ist. In einer ruhigen Ecke des Kastens fand sogar eine Paarung statt. Die Hornissen haben mittlerweile einen Teil der Nesthülle ersetzt - gerade auf der Vorderseite des Nestes, wo es ihnen scheinbar am nötigsten erschien. Ansonsten sind mittlerweile fast alle Puppen geschlüpft. Ein Teil der Puppen - gerade in den unterste Waben (die sich jetzt rechts im Kasten befinden) - wurde aber durch die Hornissen auch vernichtet und aus den Zellen geworfen, wohl um die Versorgung der bereits vorhandenen Geschlechtstiere zu optimieren und an die neue Situation nach der Umsiedlung anzupassen. Dennoch sind bereits hunderte Geschlechtstiere aus dem Nest hervorgegangen - gerade auch seit der Umsiedlung, wie man auch heute wieder sehen konnte. Die Jungköniginnen und Drohnen bleiben nach dem Schlupf noch etwa 5-7 Tage im Nest und fressen sich Nahrungsreserven an, welche die Jungköniginnen auch zur Überwinterung benötigen. Danach verlassen sie das Nest und verpaaren sich, bevor sie sich einen Unterschlupf für den Winter suchen.
Nach der Kontrolle gab es noch etwas Bienenfutterteig, welcher auch sehr gut angenommen wurde. Danach wurde der Kasten wieder geschlossen und die Hornissen beruhigten sich rasch wieder.
Betriebsamkeit am Nistkasten...
Die Nesthülle wurde vor allem auf der Vorderseite wieder ersetzt...
Eine große Gruppe von Geschlechtstieren...
Jungköniginnen und Drohnen tummeln sich auf den Waben und werden hier von den Arbeiterinnen gefüttert, bevor diese nach einigen Tagen abfliegen...
Etwas Bienenfutterteig gibt es nach der Kontrolle, was wieder sehr gut angenommen wird...
03.11.2018 - Nest verlassen - Bilanzierung
Nach einem meist warmen Oktober und einer kurzen winterlichen Phase zum Monatswechsel habe ich heute bei milderem Wetter wieder nach dem Nest gesehen. Inzwischen ist das Nest abgestorben und die Geschlechtstiere sind abgeflogen. Zeit für die Bilanzierung des Nestes, wobei ich die ehemals verdeckelten Großzellen, in welchen sich Puppen befunden haben, ausgezählt habe. In diesen Zellen entwickelten sich Jungköniginnen und die meisten Drohnen, wodurch man sich durch die angesprochene Zählung einen Überblick über den Erfolg der Kolonie verschaffen kann. Auf den umgesiedelten 7 Etagen befanden sich auf der untersten Etage 12 offene Großzellen ehemaliger Puppen, auf der 6. Etage bereits 130 solcher Zellen und auf der 5. Wabe 240 offene Großzellen. Die Wabenetagen 4 und 3 wiesen sogar 291 bzw. 287 belegte Großzellen auf. Die 2. Etage beinhaltete in ihrem Zentrum bereits wieder Kleinzellen, wobei am Rand dennoch 172 belegte Großzellen gezählt werden konnten. Die oberste noch mit umgesiedelte Etage bestand fast nur aus Kleinzellen und lediglich 3 Großzellen. Weitere drei Etages des Nestes wurden nicht mit umgesiedelt (siehe Tag der Umsiedlung oben). Dabei handelte es sich um zwei Etagen bestehend aus Kleinzellen, welche bereits verlassen waren, und eine neu begonnene Großzellenetage. Letztere wurde nicht umgesiedelt, da sich hierauf fast nur Eier befanden, die ohnehin nicht mehr zur Entwicklung gekommen wären. Insgesamt beinhaltete das Nest also 1135 belegte Großzellen - eine beachtliche Zahl! Allerdings gab es im September und Oktober auch deutliche Brutverluste durch eine natürliche Brutmortalität. Dabei ziehen die Arbeiterinnen Larven oder - wie in diesem Fall - viele Puppen aus den Zellen, um die Versorgung der restlichen Brut zu optimieren. Das ist aber nichts Ungewöhnliches im Herbst. Gerade nach Umsiedlungen kann diese Verhaltensweise auch etwas stärker ausfallen als sonst, da nun mehr Ressourcen in die Rekonstruktion der Nesthülle und in die Orientierung in der neuen Umgebung (Suche nach neuen Nahrungsquellen,...) investiert werden müssen. Insgesamt kann man durch diese von den Arbeiterinnen durchgeführte Brutmortalität nochmal einige hundert Puppen abziehen, die auf diesem Weg verloren gegangen sind und von den Arbeiterinnen rausgeworfen wurden. Zusätzlich gibt es auch noch weitere natürliche Gründe für zusätzliche Ausfälle, die zu berücksichtigen sind. Dennoch kann man hier von über 500 Geschlechtstieren ausgehen, die erfolgreich aus den Großzellen hervorgegangen sind, was einer wirklich erfreulichen Bilanz entspricht. Hinzu kommen auch noch Drohnen aus Kleinzellen. Diese sind - da sie in Arbeiterinnenzellen herangezogen werden - kleiner als die Männchen aus den Großzellen, aber das ist auch schon der einzige Unterschied. Insgesamt war die späte Umsiedlung somit ein voller Erfolg und hat nochmals vielen hundert Jungköniginnen/Drohnen den sicheren Abflug ermöglicht. Damit endet nun diese Nestdokumentation.
Das verlassene Hornissennest...
Dokumentation beendet...