27.08.2018 - Luftige Hornissenumsiedlung (Dach) in Niederlauterstein
Ein spannende und dringende Anfrage zu einer Hornissenumsiedlung gab es in der letzten Augustdekade aus dem Raum Marienberg. Bei Dachbauarbeiten an einem Haus war in Niederlauterstein ein Hornissennest entdeckt worden. Beim Abnehmen der Dachplatten war bereits ein Bauarbeiter gestochen worden. Folglich deckte man den betroffenen Bereich erst einmal notdürftig mit einer Folie ab und arbeitete vorerst an anderer Stelle weiter. Aufgrund der Dringlichkeit beschlossen wir zusammen mit der Naturschutzbehörde eine sehr zeitnahe Umsiedlung, die schließlich am 27.08. stattfand. In diesen Tagen war es nicht die einzige Umsiedlung und zwischen dem 26. und dem 29. wurden insgesamt vier Nester im Raum Freiberg und im Erzgebirgskreis umgesetzt.
27.08.2018 - Tag der Umsiedlung
Das Nest befand sich über dem Fenster einer Dachwohnung direkt im obersten Winkel des Dachbereichs. Durch die Bauarbeiten war bereits ein Gerüst vorhanden, was die Arbeit vereinfachte. Dennoch ging es diesmal doch recht hoch hinauf. Begonnen hat die Arbeit, wie fast immer, mit dem Abfangen der Hornissen mittels unseres umgerüsteten Staubsaugers. Den Fangkasten hatte ich bereits zuvor mit einem Metallwinkel versehen, damit dieser in die Dachlatten eingehängt werden konnte. Zudem verlängerten wir die Absaugrohre, um überhaupt an die Einflugöffnung der Hornissen heran zu kommen. Das Abfangen der Tiere am Eingang dauerte etwa zwei Stunden. Ich und Dagmar wechselten uns dabei von Zeit zu Zeit ab, da der steile Winkel auf dem Dach doch ziemlich an den Kräften zehrte.
Blick auf die Einflugöffnung der Hornissen ganz oben auf dem Dach über dem Fenster einer Dachwohnung...
Hier sieht man den Nestzugang etwas besser...
Los geht es mit dem Abfangen der Tiere...
...und das dauert seine Zeit, hier ca. 2 Stunden...
Nach und nach füllt sich der Fangkasten...
Und weiter gehts...
Nach und nach wurden es weniger Hornissen, und ich kletterte nun auf den Fenstergiebel, während Dagmar von unten weiterhin Hornissen abfing. Ich legte noch einige Dachplatten zur Seite und eröffnete mir einen Zugang zum Nest. Dieses war in die vorhandene Dämmwolle eingebaut und nur oben mit einer dickeren Nesthülle versehen. Mit dem Entfernen der Dämmung legte ich bereits die Waben dahinter frei. Begeistert waren die Hornissen davon nicht und es flog nochmal ein Schwung Arbeiterinnen zur Verteidigung ab. Aber auch diese Arbeiterinnen landeten schließlich in der Fangbox oder im Kescher. Das Nest selber bestand aus 6 Wabenetagen, wobei sich auf den obersten 2 Etagen vorrangig Kleinzellen für Arbeiterinnenbrut befanden. Doch gerade am Rand der 2. Etage fanden sich auch bereits Großzellen für neue Geschlechtstiere (Drohnen, Jungköniginnen). Im Zentrum der 3. Etage entdeckten wir ebenfalls noch Kleinzellen, aber sonst gab es bereits vorrangig Großzellen für Geschlechtstierbrut. Ab der 4. Etage fand man ausschließlich Großzellen. Im Nest entdeckten wir bereits erste Drohnen und sogar allererste Jungköniginnen. Zudem waren die vorhandenen Waben gut verdeckelt (Puppen) und viele hundert Geschlechtstiere, darunter viele hochverdeckelte Zellen mit neuen Königinnen, stehen vor dem Schlupf. Die Volkstärke basierend auf den Arbeiterinnen haben wir auf etwa 200-250 eingeschätzt - es handelt sich also, bezogen auf die Jahreszeit, um ein mittelstarkes Volk.
Das Hornissennest wird nun freigelegt...
Währenddessen fängt Dagmar von unten her weiterhin Hornissen ab...
Mit den Entfernen der Dämmwolle werden dahinter die Wabenetagen sichtbar...
Insgesamt 6 Etagen wurden hier errichtet...
Mit der Entnahme des Nestes fliegen nochmal letzte Arbeiterinnen zur Verteidigung ab - auch diese werden eingefangen...
Blick auf den Wabenbau des Nestes...
Zwischen den Wabenetagen verstecken sich junge Arbeiterinnen, erste Drohnen und Jungköniginnen sowie die Altkönigin...
Zahlreich verdeckelte Wabenetagen deuten auf ein erfolgreiches Volk hin - hier werden im September/Oktober noch viele Geschlechtstiere abfliegen...
Die Waben bauten wir nun in den vorbereiteten Nistkasten ein, wobei wir einige Wabenetagen etwas kürzen mussten. Dabei fielen aber nur wenige Randzellen weg, in welchen sich nur sehr junge Brut befand. Der Verlust blieb durch umsichtiges Vorgehen also sehr gering. Danach passte das Nest schließlich in den Kasten und es konnte zusammen mit den abgefangenen Hornissen zum neuen Standort gebracht werden. Zuvor wurde jedoch nochmal abschließend geschaut, ob noch einige Geschlechtstiere in der vorhandenen Dämmung umherkrabbelten. Tatsächlich fanden sich noch ein paar Drohnen, die nun vorsichtig auf das Nest zurückgesetzt wurden.
Eingebaute Wabenetagen im Hornissenkasten...
Nest und abgefangene Hornissen im Nistkasten - so geht es zum neuen Standort...
Am neuen Aussiedlungsstandort wurde nach einem geeigneten Baum gesucht und dort der Hornissenkasten aufgehängt. Danach wurde nochmal alles kontrolliert und etwas Bienenfutterteig im Nistkasten platziert, damit die Tiere die Umsiedlung besser überstehen. Anschließend wurde die Fangbox im geschlossenen Nistkasten geöffnet und die Hornissen krabbelten wieder auf ihr Nest. Die Fluglöcher des Hornissenkastens blieben zunächst noch verschlossen. Nach kurzer Pause zur Beruhigung wurden schließlich die Fluglöcher freigegeben und die Hornissen flogen sich mit intensiven Orientierungsflügen in ihrer neuen Heimat ein. Damit war die Umsiedlung zunächst abgeschlossen. Am Folgetag muss nun nur noch der Umsiedlungskasten entnommen werden.
Der Nistkasten wird an geeigneter Stelle aufgehängt...
Eine letzte Kontrolle vor der Familienzusammenführung...
Danach wird das Flugloch freigegeben und die Hornissen prägen sich ihre neue Umgebung ein...
28.08.2018 - Entnahme der Fangbox
Am Morgen des Folgetages wurde bereits wieder die Fangbox entnommen, da diese für eine neue Umsiedlung benötigt wurde. Am Kasten war bereits reger Flugbetrieb zu beobachten. Das zur Fangboxentnahme notwendige Öffnen des Hornissenkastens wurde natürlich als grobe Störung empfunden und zahlreiche Hornissen reagierten sichtlich aufgebracht mit Angriffen. Nach und nach beruhigten sich die Tiere wieder und ich spendierte noch eine Runde Bienenfutterteig am Flugloch. Damit war nun die Umsiedlung vollständig abgeschlossen. Eventuelle Nachkontrollen werden sich wohl auf äußerliche Beobachtungen beschränken müssen, da das Nest bereits heute leicht an die Kastentür angebaut worden war. Es ist zu erwarten, dass das Nest zukünftig deutlich stärker an die Kastentür herangebaut wird und ein Öffnen nicht mehr ohne Schäden möglich ist. Nun bleibt zu hoffen, dass das Wetter noch mitspielt und die Freisetzung der zahlreichen Geschlechtstiere erlaubt.
Die Fangboxentnahme wird als grobe Störung gesehen und zahlreiche Arbeiterinnen fliegen zur Verteidigung ab...
Die Tiere haben sich gut am neuen Standort eingeflogen und beginnen bereits mit dem Neubau der Nesthülle...
Nach dem Schließen des Kastens beruhigen sich die Tiere wieder...
05.09.2018 - Abflug von Geschlechtstieren
Heute habe ich mal wieder nach dem Nest gesehen. Etwa 80-100 Flugbewegungen in 10 min konnte ich am Vormittag zählen. Damit baut das Nest bereits wieder etwas ab. Das ist auch nicht verwunderlich, denn im Nest konnte man bei der Umsiedlung am 27.08. kaum noch Kokons von neuen Arbeiterinnen finden, weshalb die Zahl der Arbeiterinnen nachfolgend langsam abnehmen musste. Gleichzeitig setzt das Volk momentan aber zahlreiche Geschlechtstiere frei und immer wieder erscheinen Drohnen oder Jungköniginnen am Nesteingang. Damit hat das Volk sein Ziel erreicht und kann einen wesentlichen Beitrag zum Populationserhalt leisten.
Betriebsamkeit am Nistkasten - beide Fluglöcher werden rege genutzt...
Im Nest befinden sich zahlreiche Geschlechtstiere, die gerade in den Vormittagsstunden abfliegen - hier ein Drohn kurz vor dem Abflug...
12.09.2018 - Das Volk baut nun immer mehr ab...
Die Anzahl an Flugbewegungen war bei der heutigen Nestkontrolle noch weiter zurückgegangen. Daher habe ich doch einmal vorsichtig in den Nistkasten geschaut. Die Kastentür ließ sich auch überraschend gut öffnen, ohne das Nest zu beschädigen. Beim Öffnen des Kastens war erkennbar, dass die Tiere die Nesthülle in vollem Umfang ersetzt hatten. Im Nest fand ich noch Geschlechtstiere und etwa 30-40 Hornissenarbeiterinnen gehören dem Volk noch an. Fast alle Kokons der neuen Geschlechtstiere, die bei der Umsiedlung am 27.08. erkennbar waren, sind mittlerweile geschlüpft und der Großteil der Jungköniginnen und Drohnen ist in den letzten zwei Wochen bereits abgeflogen. Damit hat das Volk erfolgreich abgeschlossen. Vermutlich wird das Nest Ende September/Anfang Oktober weitgehend leer stehen. Das ist recht früh und durchschnittlich etwa 2-3 Wochen eher als in anderen Jahren. Allerdings haben sich viele Völker durch das anhaltend warme Wetter in der Saison 2018 schneller entwickelt als sonst. Die genaue Bilanz zum Nest folgt dann nach dem Absterben der Kolonie.
Blick auf das Nest im geöffneten Kasten...
Blick in das Nest - nur noch wenige verdeckelte Zellen sind neben mehreren Larven vorhanden - die Larven werden sich aber nicht mehr weiterentwickeln und dienen eher als "Nahrungsvorrat" für die letzten Geschlechtstiere bei schlechterem Wetter, da diese nach Anregung mit den Kieferzangen einen süßen Saft abgeben können und auf diese Weise auch die adulten Tiere versorgen können...
26.09.2018 - Kaum noch Aktivität / letzte Geschlechtstiere...
Bei der heutigen Nestkontrolle war kaum noch Flugbetrieb erkennbar. Nur noch wenige Arbeiterinnen fliegen das Nest an, in welchem sich noch allerletzte Geschlechtstiere (zwei Jungköniginnen) befinden. Brut gibt es keine mehr. In den letzten Wochen hat das Volk - bei meist sogar sommerlichen Temperaturen bis zum 21. September - nahezu all seine Jungköniginnen und Drohnen erfolgreich freigesetzt. Es müssten einige hundert Geschlechtstiere sein, die hier erfolgreich abgeflogen sind. Eine genauere Bilanz wird noch folgen.
Das Nest ist mittlerweile fast verlassen und wird nur noch von wenigen Arbeiterinnen und zwei Jungköniginnen bewohnt...
23.10.2018 - Nest nun seit einigen Wochen verlassen - Bilanz
Das Hornissennest ist mittlerweile seit etwa Anfang Oktober verlassen und alle Geschlechtstiere sind bereits abgeflogen. Daher habe ich heute das Nest entnommen und die einst verdeckelten Großzellen ausgezählt, in denen sich die Puppen von Geschlechtstieren befunden haben. Insgesamt wurden in dem nicht allzu großen Nest 6 Etagen errichtet, wobei sogar in der untersten Etage noch 12 offene Puppenzellen von Geschlechtstieren zu finden waren. In der 5. Etage waren es insgesamt 184 solcher offener Puppenzellen, in der 4. Etage 69 solcher Großzellen. Auf dieser Etage fanden sich neben Großzellen am Rand auch Kleinzellen im Zentrum der Wabe, aus denen Arbeiterinnen hervorgehen und am Ende der Saison auch einige Drohnen. Auf Etage 3 und 2 fanden sich am Rand neben vorrangig Kleinzellen noch 63 bzw. 26 offene Großzellen, aus denen Geschlechtstiere geschlüpft sind. Auf der obersten Etage gab es dagegen nur Kleinzellen. Insgesamt habe ich also 354 offene Großzellen gefunden, die von Puppen belegt waren. Berücksichtigen muss man noch einige Ausfälle durch Brutmortalität, wobei Arbeiterinnen am Ende der Saison zur Einregulierung der Fütterung manchmal neben Larven auch Puppen aus den Zellen ziehen und aus dem Nest werfen. Unter diesem Gesichtpunkt kann man dennoch von wahrscheinlich deutlich über 250 Geschlechtstieren ausgehen, die aus dem Nest hervorgegangen sind - eine erfreuliche Bilanz für das eher kleinere Nest! Dazu kommen auch noch einige Drohnen aus Kleinzellen, welche ich nicht mit in meiner Bilanz berücksichtigen konnte.
Blick auf das verlassene Nest...
Damit ist nun die Saison für dieses Nest beendet. Es bleibt zu hoffen, dass viele Jungköniginnen durch den Winter kommen.
Dokumentation beendet...