16.08.2019, Neundorf - Umsiedlung eines starken Hornissenvolkes

 

Die nächste Hornissenumsiedlung im August 2019 ließ nicht lange auf sich warten. Diesmal handelte es sich um ein schon recht starkes Volk. Das Nest befand sich auf dem Grundstück eines Hauses in Neundorf bei Annaberg und wuchs in den letzten Wochen erheblich an. Es wurde im Heuboden neben dem Haus errichtet und war über eine kleine Holztür zu erreichen. Das Volk erwies sich als recht wachsam und ständig flogen Hornissen einen Radius von 4-5 m um das Nest ab, wodurch ein recht großer Teil des Gartens nur eingeschränkt nutzbar war. In Anbetracht an die eingeschränkte Nutzung des kleinen Gartens – und auch im Hinblick auf eine geplante Einschulungsfeier – war eine Umsiedlung hier durchaus vertretbar.


13.08.2019 – Erstbesichtigung des Nestes


Heute haben wir uns das Nest zwischen zwei weiteren Umsiedlungen in der Gegend kurz angesehen und das weitere Vorgehen in dem Fall beraten. Mit vor Ort war auch wieder ein Mitarbeiter der Naturschutzbehörde. Die Hornissen waren insgesamt gesehen sehr wachsam und man wurde sehr oft umflogen und angeflogen, sogar einige Meter vom Nest entfernt. Bei vorsichtigem Verhalten wurde wir zwar genau untersucht, aber es passierte nichts. Allerdings setzte dies viel Ruhe im Umgang mit den Wächterinnen voraus. Wir schätzten die Volkstärke auf etwa 300 Hornissenarbeiterinnen. Die Flugrate lag bei ca. 250 Flugbewegungen binnen 10 min. Später schauten wir uns vorsichtig das Nest genauer an.  Dazu schlüpften wir in unsere Schutzkleidung, da wir aufgrund der bereits vorhandenen hohen Wachsamkeit hier mit mehr Protest rechneten. Und so war es auch. Vorsichtig öffneten wir die Holztür und wurden sofort von einigen Hornissen umflogen und angegriffen. Das Volk machte hier durchaus Stimmung und zeigte viel Temperament. Wir fanden einen stattlichen Hornissenbau direkt neben der Tür vor. Vorsichtig schlossen wir die Tür wieder. Die Umsiedlung wurde nachfolgend beschlossen und sollte in den kommenden Tagen durchgeführt werden.

 

Blick auf das Hornissennest im Heuboden neben dem Haus...

 

Blick von unten auf das Nest - rege Betriebsamkeit herrscht auf den Waben...

 

16.08.2019 – Umsiedlung des Volkes


Heute führten wir gegen Mittag die Umsiedlung durch. Zunächst haben wir die Hornissen mit der Saugmethode abgefangen, was sehr gut funktionierte, da die Hornissen massiv das Schlauchende zu attackieren versuchten. Nach einiger Zeit war der Großteil der Hornissen abgefangen und wir öffneten vorsichtig die Nesthülle. Insgesamt 6 große Wabenetagen kamen zur Vorschein. Dort saßen neben der Königin zahlreiche junge Hornissen, welche noch nicht abflogen und auch während der Umsiedlung auf den Waben verbleiben durften. Ältere Arbeiterinnen, die noch abflogen, sowie zurückkehrende Arbeiterinnen wurden noch mit abgefangen, wobei nun auch der Kescher zum Einsatz kam. Anschließend wurde der Wabenbau vorsichtig von der Decke abgelöst und in den mitgebrachten Hornissenkasten eingebaut und dort mittel Heißkleber und Holzstegen fixiert. Etage 1 und 2 (von oben gezählt) wurde fast ausschließlich aus Kleinzellen (für Arbeiterinnenbrut) aufgebaut, während Etage 3 zwar noch viele Kleinzellen beinhaltete, aber am Rand bereits eine größere Anzahl an Großzelle für die künftigen Geschlechtstiere enthielt. Ab Etage 4 fanden wir quasi nur noch Großzellen, maximal direkt im Zentrum der 4. Etage könnten noch einige wenige Kleinzellen vorhanden sein. Auf der 3. und 4. Etage fanden wir auch bereits verdeckelte Drohnen- und Jungköniginnenbrut.

 

Die Hornissen werden zunächst in eine Fangbox abgefangen...

 

Später wird die Tür zum Heuboden geöffnet, was noch mehr Hornissen zum Abfliegen bewegt...

 

Die Fangbox füllt sich schnell...

 

Am Nest wird es dagegen nun immer leerer...

 

Vorsichtig wird die Nesthülle geöffnet und 6 Wabenetagen kommen zum Vorschein...

 

Die Königin und junge Arbeiterinnen verstecken sich am Nest, sie dürfen bei der Umsiedlung auf den Waben verbleiben. Dabei ist auf sie jedoch stets besonders zu achten...

 

Der entnommene Wabenbau...

 

... wird anschließend in den mitgebrachten Hornissenkasten eingeklebt - unten auf der vorletzten Wabenetage ist die Königin zu sehen.


Anschließend ging es mit Nest und Hornissen (in der Fangbox) zum Aussiedlungsstandort. Am Aussiedlungsstandort wurde der Nistkasten an geeigneter Stelle aufgehängt und anschließend die Fangbox unten in den Nistkasten eingeschoben. Nachfolgend wurde eine Klappe an der Fangbox mittels eines Fadens von außen geöffnet, wodurch die Hornissen wieder auf ihr Nest im sonst noch verschlossenen Hornissenkasten krabbeln konnten. Nach einer kurzen Beruhigungszeit wurde das Flugloch freigegeben und die Tiere flogen sich gleich sehr zahlreich neu ein. Bienenfutterteig wurde noch zur besseren Eingewöhnung im und am Nistkasten platziert.

 

Nach der Zusammenführung von Hornissen und Nest sowie einer kurzen Beruhigungspause wird das Flugloch geöffnet und die Tiere können sich neu einfliegen...


Ein paar Stunden später haben wir noch die Fangbox entnommen und gegen einen Metallgaze-Boden ausgetauscht. Das erfolgte unter deutlichem Protest der Hornissen. Sogar die Fangbox wurde massiv verteidigt und sogar noch 20 m entfernt angeflogen. Grund waren einige junge Arbeiterinnen, welche noch in der Fangbox saßen und von den älteren Arbeiterinnen hier gefüttert und beschützt wurden. Zudem versuchten die älteren Arbeiterinnen, die Jungtiere hier aus der Fangbox herauszulocken. Ich setzte daraufhin die jungen Arbeiterinnen vorsichtig an den Nistkasten, wo sie erleichtert in den Nistkasten hineinkrabbelten. Wir wurde bestimmt noch fast 30 m vom Nest entfernt von Hornissen angeflogen und nur zögerlich ließen die Tiere von uns ab, was aber auch daran lag, dass unsere Imkeranzüge durch die längere Arbeitszeit am Kasten bei der Fangboxentnahme und den andauernden Angriffen durch die Hornissen deutlich (über das Gift) als „feindlich“ markiert waren. Aber nichtsdestotrotz handelte es sich bei dem Volk um ein doch besonders wehrhaftes Völkchen. Viele andere, auch starke Nester sind da oft deutlich entspannter. Mit der Fangboxentnahme war die Umsiedlung nun beendet und nun drücken wir dem Volk alle Daumen, dass es sich gut weiterentwickelt und hoffentlich viele hundert Geschlechtstiere freisetzt.

 

Ein paar Stunden später wird die Fangbox, welche unten am Nistkasten eingeschoben war, entfernt und an der Stelle ein Drahtgitterboden eingefügt...

 

Die Tiere sehen diese Arbeiten als grobe Störung an und reagieren entsprechend...

 

Hunderte Hornissen verteidigen ihr Nest - so "umschwärmt" wird man selten ;)

 

20.08.2019 – Kurze Nachkontrolle

 

Heute haben wir nochmal kurz nach dem Nest gesehen, da wir gerade in der Gegend waren. Am Kasten war sehr reger Flugverkehr vorhanden. Es ist also alles in Ordnung und die Tiere haben sich gut am neuen Standort eingelebt.

 

04.09.2019 – Nachkontrolle, viele Geschlechtstiere und Höhepunkt

 

Das Hornissennest hat sich gut weiterentwickelt. Heute haben wir die Metallgaze unten am Kasten etwas geöffnet und von da einen Blick in den Kasten gewagt. Das Nest ist nochmal deutlich erweitert worden und sollte mind. 8 Wabenetagen umfassen. Zudem befinden sich zahlreiche Jungköniginnen und Drohnen im Nest. Während dieser kurzen Kontrolle blieben die Tiere sehr ruhig. Obwohl das Volk weiterhin stark ist, ist es in dieser neuen Umgebung vom Wesen her ruhiger geworden als am ursprünglichen Niststandort. Nun hoffen wir auf gutes Herbstwetter im September und Oktober, damit es viele Jungköniginnen nach der Verpaarung in die Winterquartiere schaffen.

 

Guter Flugverkehr am Nistkasten...

 

Blick von unten auf das Nest: Zahlreiche große Jungköniginnen tummeln sich hier und auch viele Drohnen bewohnen das Nest...

 

21.09.2019 – Weitere Geschlechtstiere fliegen ab...

 

Nach einigen kalten Tagen mit mancherorts Bodenfrost, in ungünstigen Lagen sogar Luftfrost, ist es nun wieder wärmer geworden und weitere Geschlechtstiere fliegen von den Hornissennestern ab. Daher haben wir auch heute nochmal beim umgesetzten Nest aus Neundorf vorbeigeschaut. Dort haben wir vorsichtig die Metallgaze unten am Kasten geöffnet und einen Blick auf das Nest geworfen. Die Tiere blieben dabei recht ruhig. Mittlerweile wurden hier viele Larven aus dem Nest geworfen, was im Herbst aber nicht ungewöhnlich ist. Auf diese Weise wird die Versorgung der Geschlechtstiere einreguliert. Kühles Wetter mit weniger Beute kann den Larvenauswurf aber auch verstärken. Sogar einige Puppen wurden aus dem Nest entfernt. Im Nest selber befinden sich aber noch zahlreiche Geschlechtstiere, wobei auf den ersten Blick derzeit Drohnen das Bild dominieren. Mit den nun noch folgenden, wärmeren Tagen werden wieder vermehrt Jungköniginnen und Drohnen vom Nest abfliegen und sich verpaaren. Nach der Kontrolle gab es von uns auch noch eine kleine Portion Bienenfutterteig zur Unterstützung. 

 

Der Höhepunkt des Nestes ist aber mittlerweile überschritten und langsam wird die Volkstärke in den kommenden Wochen weiter abbauen. 

 

Blick auf das Nest - weiterhin gibt es viele Geschlechtstiere im Nest, wobei mittlerweile Drohnen auf den ersten Blick dominieren. Das Volk hat jedoch mittlerweile seinen Höhepunkt überschritten...

 

Nach der Kontrolle gibt es noch etwas Bienenfutterteig...

 

06.10.2019 – Kaltlufteinbruch setzt den letzten Tieren im Nest zu

 

Bis Anfang Oktober konnten noch zahlreiche Geschlechtstiere vom Nest abfliegen. Seit dem 2. Oktober herrscht allerdings kaltes und nasses Wetter, nachts gibt es teilweise Frost. Bei der heutigen Kontrolle war kein Flugverkehr mehr erkennbar, weshalb wir in den Kasten geschaut haben. Auch da war auf den ersten Blick kein Leben mehr erkennbar. Daher öffneten wir die Nesthülle, hinter der 9 Wabenetagen sichtbar wurden. Zwischen zwei Etagen saß tatsächlich noch eine Gruppe Geschlechtstiere, bewacht von den letzten Arbeiterinnen. Die Arbeiterinnen und Geschlechtstiere waren allerdings kältestarr. Larven oder Puppen waren keine mehr vorhanden. Auch in einer hinteren Ecke des Kastens konnten wir noch drei kältestarre Jungköniginnen und zwei Drohnen entdecken. Diese setzten wir vorsichtig zu den anderen Tieren und platzierten zwischen diesen Wabenetagen, wo diese Tiere saßen, viel Bienenfutterteig. Dieser wurde von den sehr trägen Arbeiterinnen auch angenommen. Danach haben wir mit Nesthülle die Waben an der Stelle wieder provisorisch verschlossen und den Kasten geschlossen. Mit dieser kleinen Hilfe sollten auch die letzten Geschlechtstiere noch die kalten Tage überstehen und bei besserem Wetter, welches sich für die kommende Woche andeutet, noch abfliegen können.

 

Blick auf das Nest nach dem Öffnen des Kastens - das Nest wirkt verlassen...

 

Daher wird die Nesthülle entlang eines Streifens geöffnet und ein Blick auf die Waben geworfen. Tatsächlich sitzen noch ein paar kaltestarre Tiere im Nest. Durch Platzierung von Futter zwischen den Waben wollen wir auch diese Tiere noch unterstützen. Anschließend wird der Bereich mit den Tieren wieder provisorisch verschlossen...

 

27.10.2019 – Nest verlassen, Bilanz

 

Nach dem kalten Oktoberstart schloss sich ab der 2. Oktoberwoche warmes und flugfreundliches Herbstwetter an. Dadurch konnten auch die letzten Geschlechtstiere noch erfolgreich vom Nest abfliegen. Nun, am 27.10., haben wir wieder nach dem Nest gesehen. Mittlerweile ist es verlassen, weshalb wir es mitgenommen und ausgezählt haben. Die Bilanz dieses Volkes ist sehr positiv. Insgesamt wurden 9 Wabenetagen angelegt. Ab Etage 3 (gezählt von oben) finden sich auch verstärkt Großzellen, ab Etage 5 ausschließlich Großzellen. Aus den Großzellen schlüpfen Drohnen oder Jungköniginnen, wobei aus Kleinzellen Arbeiterinnen, gegen Ende der Saison aber auch Drohnen schlüpfen. Bis zur Mitte der 8 Etage kamen Geschlechtstiere zum Schlupf. Insgesamt sind aus dem Nest deutlich über 1000 Geschlechtstiere erfolgreich hervorgegangen. Allein aus Etage 5 und 6 kamen jeweils etwa 280 Geschlechtstiere zum Schlupf. Selbst wenn man einige Verluste, bspw. durch die zeitweise kalte Witterung im September und Oktober, abzieht, so ist die Bilanz wirklich äußerst erfreulich. Nun bleibt zu hoffen, dass viele Jungköniginnen die Überwinterung schaffen, damit diese in der kommenden Saison selber zur Nestgründung schreiten können. Leider ist die Verlustrate über den Winter und auch im Frühjahr immer enorm.

 

 

© www.insektenstaaten.de / Dr. Michel Oelschlägel         Hier: Das insektenstaaten.de-Team stellt sich vor       Hier: Kontakt, Impressum und Datenschutz

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