25.07.2019, Schule Drebach - Umsiedlung einer Hornissenfiliale
Hornissenumsiedlung 4 führte uns auf das Gelände der Grundschule Drebach im Erzgebirge. Dort hatten sich Hornissen in der Baumhöhle einer alten Weide direkt auf dem Außengelände der Schule niedergelassen. Da der Baum unmittelbar im Bereich eines Sportplatzes und des Freizeitbereiches der Schule und des dort auch untergebrachten Hordes stand, war ein einfaches Absperren hier nicht das Mittel der Wahl. Daher versuchten wir, dass Nest aus der schmalen und schlecht zugänglichen Baumhöhle heraus umzusiedeln.
25.07.2019 - Tag 1 der Umsiedlung
Am 25. Juli haben wir mit der Umsiedlung des Nestes begonnen. Zunächst haben wir vorsichtig einige der Flughornissen mittels Saugmethode und Kescher abgefangen, bevor es dann langsam an das Nest ging. Wir entfernten die Nesthülle und 2 Wabenetagen wurden sichtbar. Die Königin versteckte sich rasch in einem Winkel der Baumhöhle, war also noch nicht so wabentreu wie normalerweise. Beim Herausnehmen der Waben, welche aufgrund des sehr schmalen Zugangs zur Baumhöhle nur einzeln aus dieser entfernt werden konnten, haben wir auf den beiden Etagen keine offenen Zellen von bereits geschlüpften Tieren entdeckt. Auf der untersten Wabe befanden sich nur Eier und kleine Larven, auf der Etage darüber Larven am Rand und Puppen im Zentrum - aber eben noch gar keine geöffneten (geschlüpften) Puppenzellen im Zentrum der obersten Wabe, und das trotz des Vorhandenseins von schon zahlreichen Arbeiterinnen (ca. 30-40 an der Zahl) am Nest. Das ist immer ein deutliches Zeichen dafür, dass dieses Nest ein sogenanntes Migrationsnest bzw. eine Filiale ist. Auch die noch eher scheue, weniger wabentreue Königin passt dazu. Daher mussten wir nun unser Vorgehen hier ändern.
Hornissennest in einem Baum im Außengelände einer Grundschule in Drebach...
Blick auf das Nest...
Der Zugang zum Nest ist sehr schmal, was die Umsiedlung hier erschwert...
Abfangen der Tiere mittels Saugmethode in den Fangkasten...
Auch der Kescher kam zum Einsatz...
Blick auf die beiden Wabenetagen des Nestes nach Entfernung der Nesthülle - nun wird auch klar, dass es sich hier um eine Filiale handelt, die Hornissen also gerade zu diesem Standort umziehen...
Vielleicht ein kleiner Exkurs zur Filialbildung: Hornissen sind zur Filialbildung befähigt. Dies kann in der Regel dann beobachtet werden, wenn die Königin im Frühjahr in einer eigentlich zu kleinen Höhle oder unterirdisch ihr Nest gründet. Das machen Hornissenköniginnen sehr gerne, da sie solche kleinen Hohlräume besser überblicken können. Wächst das Nest mit den Arbeiterinnen dann an, so zieht das Volk in eine geräumigere Behausung um. Das passiert dann meist im Laufe des Juli. Dazu suchen die Tiere neue Nistgelegenheiten und entscheiden sich dann für einen neuen Standort. Erste Arbeiterinnen beginnen anschließend am neuen Nistplatz mit dem Nestbau, während andere Arbeiterinnen im alten Nest noch die Brut versorgen. Die Königin wechselt dann irgendwann auch zum neuen Standort über und legt dort neue Eier. Altes und neues Nest bestehen dann für etwa 4 Wochen nebeneinander, da im alten Nest noch die restliche Brut aufgezogen wird. Zwischen beiden Nester herrscht in der Zeit auch ein Pendelverkehr von Arbeiterinnen. Sind die letzten Tiere im alten Nest geschlüpft, ziehen dann alle Arbeiterinnen und die letzten Jungtiere zum neuen Standort um und das alte Nest wird aufgegeben. Anschließend wird nur noch die Filiale genutzt.
Aufgrund der Tatsache, dass es sich im Fall bei Drebach um eine Filiale handelte, haben wir nun nach dem Ursprungsnest gesucht. Junge Arbeiterinnen fanden sich noch nicht auf den Waben und noch war keine neue Brut aus dem neuen Nest geschlüpft. Es musste also noch das alte Nest geben. Allerdings konnten wir trotz längeren Suchens das alte Nest nicht finden. Die Möglichkeit, beide Nester zusammen umzusetzen, war also nicht möglich. Daher machten wir Folgendes: Wir bauten die Waben des Filialnestes zunächst in den mitgebrachten Hornissenkasten ein. Anschließend haben wir die Baumhöhle verschlossen, in der sich das Nest zuvor befand - natürlich erst, nachdem sicher war, dass dort keine Hornissen mehr drin waren. Die Königin ist uns leider zunächst entwischt, da sie sich - wie oben bereits geschrieben - nicht auf den Waben befand, sondern in der Baumhöhle versteckte und kurz darauf abflog. In der engen Baumhöhle war sie leider nicht zu fangen. Allerdings war das in dem Fall ohnehin nicht so dramatisch (sonst muss man immer warten, bis die Königin wieder zurückkommt, was durchaus einige Stunden, selten Tage dauern kann), da wir aufgrund der Filialbildung eh anders vorgehen mussten. Die Königin war wahrscheinlich zunächst zum alten Nest zurückgeflogen, da sie sich über die ganze Zeit vor Ort nicht mehr blicken ließ. Wir haben unterdessen den Hornissenkasten mit dem eingebauten Filialnest an die Stelle vor der Baumhöhle gehangen und setzten die abgefangenen Hornissen wieder dem Kasten zu. Nach kurzer Beruhigungszeit öffneten wir die Fluglöcher zum Kasten und die Tiere flogen sich neu ein. Sehr schnell begriffen die Hornissen, dass ihr Nest nun im Nistkasten war und nicht mehr in der Baumhöhle dahinter. Wir lassen nun den Kasten an der Stelle für 1-2 Wochen hängen, damit die Tiere ihren eigenen Umzug erst abschließen konnen. Auf diese Weise kann man auch entspannt die Rückkehr der Königin abwarten.
Die Waben des Nestes werden in den Hornissenkasten eingeklebt...
Der Zugang zur Baumhöhle wird verschlossen und...
... dort der Hornissenkasten mit dem Nest wieder aufgehängt. Anschließend werden die abgefangenen Hornissen wieder zugesetzt und zunächst das Ende der Filialbildung (siehe Text) abgewartet.
27.07.2019 - Kleine Zwischenkontrolle
Heute haben wir wieder nach dem Nest geschaut. Bei der Kontrolle konnten wir die Königin wieder auf dem Nest im Nistkasten entdecken. Auch sie hat also mühelos ihr Nest im Nistkasten wiedergefunden. Auch die Arbeiterinnen waren entspannt auf den Waben zu beobachten. Das Nest hat also den ersten Teil der Umsiedlung schon mal gut überstanden. Die Gelegenheit haben wir auch gleich genutzt, um am Nistkasten den Fangkasten gegen einen Ablauftrichter umzutauschen. In einigen Tagen wird dann der Kasten geholt und dieser verschlossen zum neuen Standort gebracht. Das wäre dann der 2. Teil der Umsiedlung.
Das Nest im Nistkasten, auch die Königin lässt sich immer wieder blicken (auf dem Foto leider gerade nicht). Der Umzug der Hornissen (also bis das alte Ursprungsnest aufgegeben wird) wird noch etwa eine Woche dauern...
... und erst dann wird das Volk zum neuen Standort gebracht. Im Zuge der Zwischenkontrolle haben wir noch den Fangkasten unten mit dem Ablauftrichter ausgetauscht...
06.08.2019 - Fortsetzung und Beendigung der Umsiedlung
Der Hornissenumzug (bzw. die Filialbildung) ist mittlerweile abgeschlossen. Auf dem Filialnest befinden sich nun auch neue Arbeiterinnen, welche auch aus diesem neuen Nest hervorgegangen sind. Das Nest besteht mittlerweile aus 3 Etagen. Die 3. Etage besteht bereits aus Großzellen für Geschlechtstiere. Da nun die Filialbildung abgeschlossen ist und nun nur noch dieses Filialnest "bewirtschaftet" wird, haben wir heute die Umsiedlung fortgeführt. Dazu wurde der Nistkasten mit dem Filialnest verschlossen und zurückkehrende Arbeiterinnen wurden in eine Fangbox abgefangen. Nach einiger Zeit waren 20 Arbeiterinnen in der Box und nochmal >30 Tiere im Nistkasten auf dem Nest. Nistkasten und Fangkasten wurden anschließend zum Aussiedlungsstandort gebracht. Dort wurde der Nistkasten an einem Baum aufgehangen und nach kurzer Beruhigungszeit und Platzierung von Bienenfutterteig auf dem Flugbrett das Flugloch geöffnet. Die Tiere flogen sich nun neu ein. Später wurde dann die Fangbox mit den abgefangenen Hornissen nochmal gegen den Ablauftrichter unten am Nistkasten ausgetauscht und diese Box nachfolgend geöffnet, sodass auch diese Arbeiterinnen wieder auf das Nest krabbeln konnten. Nach einiger Zeit hatten alle Tiere den Fangkasten verlassen und wir konnten den Fangkasten wieder gegen den Ablauftrichter austauschen. Damit war diese Umsiedlung abgeschlossen.
Blick auf das weiter gewachsene Nest, unten links die Königin auf der 2. Wabenetage...
Der Kasten wird verschlossen und anschließend werden die zurückkehrenden Arbeiterinnen abgefangen, welche nachfolgend...
... in eine Fangbox gesetzt werden...
Nistkasten, Fangbox und alle Utensilien werden nun wieder eingepackt und es geht zum Aussiedlungsstandort...
Die Hornissen in der Fangbox werden nun wieder dem Nistkasten zugesetzt (siehe Text)...
Nach dem Zusetzen aller abgefangenen Tiere hat das Volk die Umsiedlung endlich hinter sich...
Noch etwas Bienenfutterteig gibt es zur besseren Eingewöhnung am neuen Standort...
24.08.2019 - Böse Nachbarn...
Kurz nach der Umsiedlung hatten wir bereits einmal nach dem Nest gesehen und es war vielversprechender Flugverkehr vorhanden. Da schien alles noch gut zu verlaufen. Doch bei der heutigen Nestkontrolle war kaum noch Aktivität am Nest zu sehen. Viel Brut wurde herausgeworfen, nur noch wenige Arbeiterinnen bewohnen das Nest, von der Königin gab es kein Lebenszeichen. Was war passiert? Nachdem wir den Kasten erst einmal wieder geschlossen hatten, kamen immer wieder Hornissen angeflogen, welche den Kasten umflogen, aber danach wieder abdrehten. Diese Hornissen waren mit großer Wahrscheinlichkeit nestfremde Tiere. Wir gehen davon aus, dass es in der direkten Nähe noch ein viel stärkeres Hornissennest gibt, welches dieses schwächere Nest hier nicht toleriert hat. Da Hornissen ein Revierverhalten zeigen, besteht gerade bei unterschiedlich stark entwickelten Nestern immer auch die Gefahr, dass das stärkere Volk das schwächere Volk unterdrückt und es schließlich auch derart schädigen kann, dass es abstirbt. Ähnlich starke Nester vertragen sich dagegen besser. Tatsächlich fliegen in dem Gebiet mittlerweile auffallend viele Hornissen, die nicht vom umgesiedelten Nest aus Drebach stammen. Das 2. Nest war aber (noch) nicht auszumachen, da das Gebiet sehr unübersichtlich ist und es viele Baumgruppen, Straßenbäume und einen benachbarten Laubwaldbestand gibt, wo sich das Nest befinden kann. Leider ist die Entwicklung für unser kleines Volk aus Drebach hier ziemlich schlecht verlaufen. Diese Gefahr besteht jedoch bei der Umsiedlung schwächerer Völker immer, da potenzielle Nachbarnester auch bei einer vorherigen Begehung der Aussiedlungsfläche übersehen werden können. Ob das geschwächte Volk nun noch irgendetwas zum Arterhalt beitragen kann, bleibt ungewiss und abzuwarten.
Das Nest hat sich leider nicht gut weiterentwickelt und leidet unter Nachbarschaftsrivalitäten mit einem stärkeren Hornissenvolk...
11.11.2019 - Nest verlassen...
Seit langer Zeit ist das aus Drebach umgesetzte Hornissennest mittlerweile schon verlassen. Leider hat das "Nachbarschaftsproblem" (siehe oben) in diesem Fall dazu geführt, dass sich dieses Nest gar nicht mehr weiterentwickelt hat. Das kann leider immer mal wieder vorkommen. Zum Glück können sich meist auch benachbarte Nester arrangieren und nur bei deutlichen Unterschieden in der Volkstärke kann es so weit kommen, dass das schwächere Volk dann zu Grunde geht. Dieses Restrisiko kann bei kleineren Völkern leider nicht vollständig ausgeschlossen werden. Somit hat dieses Volk - im Gegensatz zu den anderen in der Saison 2019 umgesetzten Völkern - letztlich keinen Beitrag mehr zum Arterhalt leisten können.